Home
Aktuell
Plutonium
Aufbau KKW
Kernspaltung
Reaktortypen
Oklo
KKW-Standorte
Wiederaufarbeitung
Entsorgung
Welt
Anwendung
Kernwaffen
Strahlenbelastung
Neutronendosis
Sammlung
Ausbildung
Info-Pool
Bildergalerie
Lexikon
Links
Politik
Widmung
Kontakt


What's new powered by crawl-it
 

Wirkung von Strahlung

Wirkung ionisierender Strahlen

Bei der Wirkung ionisierender Strahlung muss man unterscheiden zwischen deterministischen (nicht-stochastischen) und stochastischen Effekten.

Deterministische (nicht stochastische) Effekte

Bei sehr hohen Strahlendosen, die in kurzer Zeit einwirken werden durch die energiereiche Strahlung so viel Zellen im Gewebe abgetötet oder zerstört, dass es zu Organschäden kommt. Für diese Schäden besteht eine klar definierbare Schwellendosis, unterhalb derer solche Schäden nicht auftreten. Werden lebenswichtige Organe so schwer geschädigt, dass Organversagen eintritt, nennt man die Dosis letal (tödlich).

Tabelle: Deterministische Effekte durch die Einwirkung ionisierender Strahlung

Betroffenes Organ/Gewebe

Nicht-stochastische bzw. deterministische Wirkung

Schwellendosis in mGy*

Ganzkörper

Blutbildveränderung

200

Ganzkörper

Erbrechen

500

Knochenmark

Tod

1000

Haut

Vorübergehende Rötung, vorübergehender Haarausfall

3000

Lunge

Pneumonitis (Lungenentzündung)

5000

Schilddrüse

Unterfunktion

10000

*: mGy: Milligray, für locker ionisierende Strahlung ist das gleich mSv, bei deterministischen Effekten ist die Energiedosis entscheidend.

 

Solche hohen Dosen treten nur bei Arbeitsunfällen oder in der medizinischen Strahlentherapie auf. Bei letzterer wird dieser zellzerstörende Effekt gewollt herbeigeführt um Tumorzellen zu zerstören. Deterministische Effekte traten bei Bewohnern von Hiroshima und Nagasaki bei den Atombombenexplosionen auf. Die meisten Todesfälle wurden aber durch die Explosionsdruckwelle, die Hitzestrahlung und den daraus entstehenden Feuerstürmen verursacht.

 

Stochastische Effekte

In der Regel werden die Schwellendosen für deterministische Effekte nicht erreicht. Unterhalb dieser Schwellendosen gibt es stochastische Effekte. Ionisierende Strahlung kann die Informationsstruktur in einer Zelle (Chromosom, DNA) schädigen, wird diese Schädigung durch die Reparatursysteme der Zellen nicht erfolgreich repariert, kann es zu einer Entartung mit unkontrolliertem Zellwachstum (Krebstumor) oder Leukämie kommen.

Schon vor dem zweiten Weltkrieg waren solche Folgen von ionisierenden Strahlen bekannt geworden. Durch die Beobachtung der Überlebenden der Atombombenabwürfe in Japan (Japanisch-USAmerikanische Strahlenwirkungs-Forschungsstiftung, RERF) ist es gelungen Risikofaktoren für ionisierende Strahlung abzuleiten. Man ermittelte nachträglich die Dosis, der die einzelnen Bewohner durch die Atombomben ausgesetzt waren. Dann verglich man das Auftreten von Krebserkrankungen und Leukämie bei diesen Personen mit dem bei nichtexponierten Japanern. Diese war ein sehr aufwendiges und schwieriges Forschungsvorhaben, das noch nicht beendet ist. Man fand heraus, dass außer den Menschen, die wegen der Folgen der Explosionsdruckwelle, der Verbrennungen und der deterministischen Strahlenschäden verstarben (etwa 200.000 z. größten Teil unmittelbar nach dem Abwurf, weitere in den ersten Monaten danach) bis 1986 weitere 400 von etwa 70.000 Überlebenden an stochastischen Strahlenfolgen verstarben.

Die internationale Strahlenschutzkommission (ICRP) leitete daraus einen Risikobeiwert ab, berücksichtigte dabei auch, dass eine Strahlenexposition, die mit niedrigerer Dosisleistung über eine längere Zeit einwirkt schwächere Auswirkungen zeigt, als die gleiche Strahlenexposition bei hoher Dosisleistung. Dieser Risikofaktor gemittelt über alle Lebensalter und beide Geschlechter beträgt 0,05/Sv. Das heißt, werden 100 000 Menschen mit einer zusätzlichen Strahlenexposition von 1mSv belastet, dann könnten (rein theoretisch) etwa 5 davon durch diese Strahlenexposition eine tödlich verlaufende Krebserkrankung erleiden. Da aber alle 100.000 irgendwann sterben werden und davon etwa 30.000 an Krebs, würde es aussichtslos sein, die vorgenannten 5 zu erfassen.

Neben den Ergebnissen der RERF wurden auch andere höher exponierte Personengruppen (Strahlentherapie-Patienten, Bergleute, Radium-Zifferblattmaler u.a.) und Tierversuche berücksichtigt.

 

Qualitätsfaktoren der verschiedenen Strahlenarten

Da bei den Atombomben von Hiroshima und Nagasaki der größte Teil der Strahlenexposition durch g-Strahlen verursacht wurde, ermittelte man die Risikofaktoren konservativ, in dem man so tat, als ob die Neutronenstrahlung keine Wirkung gehabt hätte. Bei Tierversuchen und vor allen Dingen bei der Standardisierung der biologischen Dosimetrie mittels Bestrahlungen von Zellkulturen fand man heraus, dass die verschiedenen Strahlenarten unterschiedliche Wirkung haben. Es ist allerdings nicht  wirklich abschließend geklärt, ob man die mikroskopischen Effekte in den Zellkulturen (Chromosomenaberrationen) auch auf die Krebsinduktion übertragen kann. Die Qualitätsfaktoren für a- und Neutronen-Strahlung wurden wesentlich durch diese Zellversuche (in Vitro = im Reagenzglas) ermittelt. Trotz der Vorbehalte, die man gegen die Methodik der Ermittlung der Qualitätsfaktoren haben kann, ist sicher, dass diese Qualitätsfaktoren eher zu vorsichtig (konservativ) bestimmt wurden. Würden diese Qualitätsfaktoren deutlich größer ausfallen, müsste das bei den Folgen natürlicher Strahlenexposition (die setzt sich aus allen Strahlenarten zusammen) sichtbar werden. Aber es gibt keinen offensichtlichen Unterschied im Gesundheitszustand von Bewohnern höher belasteter und niedriger belasteter Gebiete.

 

Ist ionisierende Strahlung im Niedrigdosisbereich gesund?

Darüber gibt es viele Theorien. Bis heute ist das nicht bewiesen. Tatsache ist, dass sich die Menschheit im natürlichen Strahlenfeld entwickelt hat und in diesem lebt. Vermutlich haben sich die Spezies durchgesetzt, die optimal an dieses Strahlenfeld angepasst sind. Da das natürliche Strahlenfeld variiert, kann die Spezies Mensch auch mit leicht erhöhten Strahlenexpositionen gut auskommen. Seit sehr langer Zeit gehen Menschen in Heilbäder, und suchen Linderung in radioaktivitätshaltigem Wasser. Es ist umstritten ob diese Bäder wirklich die Gesundheit fördern. Möglicherweise wird nur ein Krankheitssymptom, der Schmerz gelindert und die Nebenwirkung (der stochastische Strahlenschaden) ist so gering, dass er nicht erkannt wird. Ziemlich sicher ist auch, dass die Reparatursysteme, die die Fehler in den DNA reparieren durch ionisierende Strahlung stimuliert werden (adaptive response). Ob dieser Effekt insgesamt bei niedrigen Dosen (die Verfechter der gesundheitsfördernden Theorie – Hormesis – legen sich meist nicht fest, was niedrige Dosen sind und ob die auch noch bei niedriger Dosisleistung auftreten sollen) zu einem Nutzen für Menschen wird, ist sehr umstritten.

 

 

Eine ausführliche Broschüre zum Thema ionisierende Strahlung kann man unter http://www.kernenergie.de  (Seite: http://www.kernenergie.de/public/datas/radioaktivitaet_strahlenschutz1_2.pdf ) runterladen. Man kann dort auch die Broschüre als Druckschrift bestellen.

Oder von der ETH-Zürich: http://educeth.ethz.ch/physik/leitprog/radio/kap4.html

 

Text: Jörg Brauns