Zur
Vierfaktorenformel:
Vorteilhaft
für die Auslegung mehrerer Kernreaktoren wäre eine Grösse,
die den Reaktor charakterisiert und nicht zu jeder Auslegung
neu berechnet werden müsste. In diesem Falle kam man zu einem
Faktor "k_unendlich".
Der
Faktor k im Allgemeinen beschreibt das Verhältnis der Anzahl
der Spaltneutronen einer Generation zur Anzahl der Spaltneutronen
in der vorausgegangenen Generation und ist somit ein Maß für
die Beurteilung der Kettenreaktion.
Es
gilt:
k
> 1 --> der Reaktor ist überkritisch, es werden also
mehr Neutronen erzeugt als in der Vorgängergeneration.
k
= 1 --> der Reaktor ist kritisch, es werden also genauso
viele Neutronen erzeugt wie in der Vorgängergeneration.
k
< 1 --> der Reaktor ist unterkritisch, es werden weniger
Neutronen erzeugt als in der Vorgängergeneration.
Den
Faktor k kann nun in seiner Aussage etwas modifiziert werden.
Man führt ein die Faktoren k_unendlich und k_effektiv. k_unendlich
beschreibt das Neutronenverhältnis in einem unendlich ausgedehnten
Reaktor, d.h. einem Reaktor, der keine Neutronen durch Leckage
(also Absorbtion in Abschirmungen und Umbauten) verliert.
Er ist als solches nur von den Materialeigenschaften des Kerninventars
[die "Strukturzelle"] (Brennstoff, Moderator, Kühlmittel...)
abhängig.
Dieser
Faktor ist also übertragbar auf alle Reaktoren, die mit gleicher
Materialausstattung (!) innerhalb des Kerns gebaut werden
- unabhängig von der Geometrie (und damit der Leistung des
Reaktors).
Unter
dieser Betrachtung ist es klar, dass man bei der Kernauslegung
"auf der sicheren Seite" ist, denn k_unendlich ist
immer Grösser als k_effektiv, es kann also kein Reaktor, der
unter k_unendlich kleinergleich 1 ausgelegt wurde eine
Kritikalität k_effektiv = 1 nie erreichen.
Zur
Bestimmung dieses Faktors wird ein Lebenszyklus entstandener,
noch schneller Neutronen betrachtet, der die Generation von
ihrer Entstehung aus einer thermischen U-235-Kernspaltung
bis hin zur Auslösung einer neuen "Kernspaltungsgeneration"
(ebenfalls als thermische Spaltung) innerhalb der Reaktoranordung
beobachtet.
Die
"Vier-Faktoren-Formel" berücksichtigt
1)
dass einige Neutronen sofort eine erneute Spaltung auslösen
(sog. "schnelle Spaltung" d8urch schnelle Neutronen)
2)
dass einige Neutronen durch zwar absorbiert werden aber keine
Spaltung hervorrufen, somit verloren gehen
3)
dass einige Neutronen im Resonanzgebiet dem Einfang durch
U-238-Kernen unterliegen und so verloren gehen.
Die
Neutronen, die bis "hier her gekommen sind", werden
im Moderator in den Bereich der "thermischen Energie
abgebremst. Bei diesem Vorgang gehen
4)
einige Neutronen durch Streueffekte verloren.
Der
Rest steht für die Erzeugung einer neuen "Kernspaltungs-
generation" wieder zur Verfügung.
Zusammengefasst
ergibt sich die Vier-Faktoren-Formel also als
k_unendlich
= Epsilon * p * f * Eta, wobei:
1)
Epsilon: "Schnellspaltfaktor", berücksichtigt, dass
einige schnelle Neutronen eine Spaltung vorallem in U-238
hervorrufen.
Epsilon
= (Neutronen, die insgesamt durch Spaltung entstehen) / (Neutronen,
die durch thermische Spaltung entstehen)
2)
f: "thermische Nutzung", Anteil der thermischen
Neutronen, die nach der Diffusion in den Kern absorbiert werden
aber keine Spaltung auslösen.
f
= (Zahl der im Brennstoff absorbierten thermischen Neutronen)
/
(Gesamtzahl
der in der Anordnung absorbierten thermischen Neutronen)
3)
p: "Resonanzentkommwahrscheinlichkeit", Wahrscheinlichkeit
dafür, dass die schnellen Neutronen beim Abbremsen in den
thermischen Breich NICHT von U-238 eingefangen und absorbiert
werden.
p
= (Neutronen, die thermische Energie erreichen) / (Zahl der
innerhalb der Anordung durch schnelle und thermische Spaltung
entstandenen Neutronen)
4)
Eta: "Regenerationsfaktor", berücksichtigt die thermischen
Neutronen, die absorbiert werden und eine Spaltung auslösen,
aus der wieder schnelle Neutronen generiert werden. Also entsprechend
die Anzahl der Neutronen, die NICHT gestreut wurden.
Eta
= (Zahl der durch thermische Spaltung entstandenen schnellen
Neutronen) / (Zahl der im Brennstoff absorbierten Neutronen)
Die
Faktoren Epsilon und p sind nur für nichthermische Neutronen
definiert.
Welches
Neutronenverhältnis nun im Reaktor tatsächlich vorliegt, ist
wesentlich von der Geometrie (Radius, Höhe) abhängig. Eingeführt
hat man dazu den Faktor "k_effektiv", der ebendieses
berücksichtigt. Verknüpft werden diese beiden Grössen "unendlich"
und "effektiv" über einen Faktor, der "Verbleibfaktor
thermischer Neutronen" genannt wird.
k_effektiv
= Lambda_thermisch * k_unendlich. Dieser Verbleibfaktor berücksichtigt
die geometriebedingten Neutronenverluste im Kern.
(Sascha
Greinke)
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